Oberflächen und Beschichtungen Lehmböden

02. September 2023

09. September 2023

Beschichtungen und Oberflächenbehandlung Lehmbetonböden

Praxis-Workshop

Datum:
Samstag, 2. September 2023 + Samstag, 9. September 2023
jeweils von 9:00 bis 16:00 Uhr

Kursleitung:
Ralph Künzler, baubiologie lehmbau
Doris Müller, lehmbaubüro gmbh
May-Britt Meisser, malhandwerk

Thema:
Plastisch eingebrachte Lehmböden sollen im Gebrauch vielen Anforderungen, z.B. Langlebigkeit oder Abriebfestigkeit genügen. Wir befassen uns im Workshop mit möglichen Lösungen für Oberflächenbehandlungen oder -beschichtungen. Anhand der im letzten September 2022 eingebrachten Böden gilt es nutzertaugliche Lösungen zu finden. Wir spachteln, verputzen oder beschichten. Wir befassen uns mit Emulsionen und lernen dabei verschiedene Komponenten wie Canaubawachs, Leinöl oder auch Lehm-KaseinGemische kennen, wobei im Erproben stets Patina und Charakter auch noch erlaubt ist.

  • Mögliche Beschichtungen von Lehmbetonböden kennenlernen
  • Materialaufbereitung mit Aushublehm, Sand und Fasern
  • Varianten für Randabschlüsse finden und andere Vorbereitungsarbeiten ausführen
  • Einbringen der verschiedenen Beschichtungen
  • Was sind Emulsionen?
  • Wie werden Lehmoberflächen geölt?

 

Einladung Workshop Lehmbodenoberflächen

Bericht zum Workshop

Praxis-Workshops zum Thema Lehm scheinen im Weiler Stadel bei Winterthur zur Tradition zu werden. Auch dieses Jahr lädt Doris Müller auf ihre Baustelle ein. Ein Jahr nach dem Workshop rund um Lehmböden im Giessverfahren, sollen nun an zwei aufeinanderfolgenden Samstagen mögliche Beschichtungen und Behandlungen der «Lehmbeton-Oberflächen» ergründet und erprobt werden.

Beschichtungen
Passend zum wolkenlos blauen Himmel, werden die Workshop-Teilnehmer am Samstagmorgen von einem wunderbaren Willkommens-Buffet empfangen.

Satt und gestärkt werden zum Kurseinstieg die gegossenen Lehmböden aus dem Vorjahr beurteilt. Es kann festgehalten werden, der gegossene «Lehmboden» hat viel Potential. Vom letzten Jahr wusste man, dass er sich gut und effizient einbringen lässt, sowohl maschinell mittels Vibriernadel und Taloschiermaschine, wie auch händisch mit Abziehlatte und Reibscheibe . Ein Jahr später hat man nun die Gewissheit, auch das Endresultat überzeugt. Je nach Verfahren gibt es zwar noch Optimierungspotential (Einbringung möglichst in einer Schicht und Arbeitsetappe), ansonsten sind die Böden aber fast rissfrei ab geschwunden und es drängt sich die Frage auf, ob die Oberflächen nicht auch ohne Beschichtung «nutzertauglich» gemacht werden könnten.
Bezüglich der gegossenen Lehmböden ist somit alles angerichtet für Nachahmer und für den nächsten Schritt, den gegossenen «Lehmbeton» auf mehr und grösserer Fläche zu erproben. Interessierte vor!

Nun zum eigentlichen Thema des ersten von zwei Kurstagen, der Beschichtung. In drei Räumen soll je eine Beschichtungsvariante erprobt werden. Unter Moderation von Doris Müller und Ralph Künzler werden verschiedene Möglichkeiten diskutiert und die Varianten «Minimale Schlämme», «Feinputzspachtelung» und «Faserlehm» festgelegt. Es soll mittels verschiedener Verfahren eine Bandbreite an Erfahrungswerten geschaffen werden.

In Gruppen werden die natürlichen Materialien wie Aushublehm, Maurersand, Stroh und Grasfasern gesiebt, gemischt und verquirlt. Selbstverständlich nach Rezept, wobei man nicht ums Nachjustieren und Feinaustarieren herumkommt. Der «Kellentest» gibt Aufschluss über die Qualität der Mischung, diese wird vor versammelter Teilnehmerschaft beurteilt und abgenommen.

Nach ausgiebiger Mittagspause sollen die Mischungen nun verarbeitet werden, wobei die Flächen klein und die Anzahl motivierter Arbeiter gross ist. Somit gibt es viel Zeit für fachlichen Austausch und um bei den gewieftesten der Lehmtechnikern den eleganten Werkzeugeinsatz zu bewundern. Je nach Technik zieht sich das Tageswerk etwas länger hin, vollbracht wird es überall und die Zufriedenheit darüber ist spürbar.
Der erste Kurstag endet wie er begonnen hat, in gemütlicher Geselligkeit bei strahlendem Wetter und mit Aussicht in die Mörsburger Rebberge und auf die kreisenden Falken.

Oberflächenbehandlungen
Es ist wieder Samstag in Stadel und auch der zweite Kurstag wird von einem wolkenlosen Himmel überstrahlt. Die ganze Woche über hat das Hochdruckwetter angehalten und so den Beschichtungen von der Vorwoche die Feuchtigkeit kontinuierlich entzogen. Ideale Voraussetzungen um «den Finish» anzubringen. Gestartet wird direkt mit dem ersten theoretischen Input. Ralph Künzler und May-Britt Meisser vermitteln einen Überblick über unterschiedliche Oberflächenbehandlungsmöglichkeiten. Dabei handelt es sich in den meisten Fällen um mehrschichtige Aufbauten von Grundierung, Beschichtung, Behandlung, bis hin zu Pflege und Unterhalt. Zweifelsohne – die beiden Referierenden haben langjährige Erfahrung im Umgang mit Leinöl, Kaseinleim, Wasserglas und Konsorten. Die Übersicht zu behalten und die Zusammenhänge zu verstehen ist für mich als Kursteilnehmer nicht immer ganz einfach. Mit den verteilten Unterlagen kann ich das vermittelte Wissen aber jederzeit wieder abrufen. Entsprechend wird dem Theorieteil mit anschliessender Frage- und Diskussionsrunde viel Zeit gewidmet. Auch die essentielle Frage nach der «Umweltverträglichkeit» der Behandlungen wird im Raum platziert. Schnell wird klar, viele Fertigprodukte werfen hierzu Fragen auf und je nach Produkt wünscht man sich schon mal ein Chemiestudium um die Inhaltsangaben entziffern zu können. Man ist sich dann auch schnell einig, am Ende seiner Tage muss der Lehm trotz Behandlung «naturschutzgebietverträglich» entsorgbar sein. Was heisst denn eigentlich «naturschutzgebietverträglich» fragt sogleich eine kritische Stimme. Wir sind definitiv auf dem Grund der Diskussion angekommen. Aber für den Moment und weil ein «Workshop» nicht ein «Theorieshop» ist, erlauben wir uns einen Strich drunter zu machen. Wir wechseln den Schauplatz von Draussen nach Drinnen und begutachten unser Werk von vergangener Woche.

Auf den ersten Blick scheint das Resultat zu überzeugen. Was wir nicht wissen – unter der Woche wurde beim Faserlehm intensive «Risspflege» betrieben. Auch hier liegt wieder die Problematik von Arbeitsetappierung zu Grunde, welche im Zuge des Workshops und wegen der engen Platzverhältnisse unumgänglich war. Einmal mehr zeigt sich Arbeitsetappen lassen sich nachträglich (fast) nicht mehr retuschieren. Also vermeidet man sie am besten oder plant sie ganz bewusst von Anfang an mit ein.

Und dann geht’s ans Lehmbehandeln. Gekochtes Leinöl auf die Spachtelung, pigmentiertes Steinöl auf den Faserlehm und Wasserglas auf die Schlämme, so lautet die Vorgabe. Es ist offensichtlich, der Lehm lässt sich sehr gern behandeln und ein erster Auftrag ist schnell gemacht. Mehr Zeit benötigt das Austrocknen vor dem nächsten Arbeitsgang. Bis zum Workshopende sind dann auch nicht sämtliche Böden fertig behandelt, weitere Schichten fehlen noch. Die ästhetisch reizvolle Wirkung, vermögen die drei unterschiedlichen Oberflächen trotzdem schon zu erzielen. Jeder einzeln für sich und auch nebeneinander.

Was bleibt?  Abzuwarten auf Doris erstes Fazit nachdem ihr Schmuckstück bezogen und die Lehmböden die ersten «Spuren des Alltags» angenommen haben. Wir bleiben interessiert und sind gespannt.

Ganz herzlichen Dank den Workshop-Organisatoren Doris und Ralph, sowie an Doris für die wunderbare Verpflegung und an May-Britt und Ralph für die fundierte Wissensvermittlung. Einmal mehr zeigt sich, Workshops direkt auf der Baustelle sind ideal für eine kollektive Wissensvermittlung.

 

Jonas Blum, 15. September 2023

Veranstalter

IG Lehm Fachverband Schweiz
&
Doris Müller
&
Ralph Künzler
&
May-Britt Meisser

Ort

Stadel ZH